Die neue Orgel der Wallfahrtskirche Maria Hilf


Nachdem die Kirchenverwaltung, noch unter Wallfahrtsdirektor Karl-Heinz Seidl den Auftrag zum Bau einer neuen Orgel erteilt hatte, musste zuerst das alte Gehäuse von 1870 ausgeräumt werden, um das neue Orgelwerk planen zu können. Das 2. Manual im Schwellkasten blieb bis in den Dezember 2006 hinein spielbar. Dann wurde die restliche Orgel mitsammt dem Gehäuse abgebaut.

Bei der Untesuchung des Gehäuses stellte sich heraus, dass es besonders 1909 von Ignaz Weise stark verändert und beschädigt wurde. Die klassische Bauweise mit gezinkten Kränzen und gesteckten Pfosten, die Ehrlich noch gepflegt hatte, war großteils zerstört.

Die Statik des Gehäuses bestand eigentlich nur noch aus mehrern eisernen Haken an der Giebelwand der Kirche. Weise hatte 1909 die gesamte Rückwand entfernt und das Gehäuse ca. 40 cm nach hinten erweitert, handwerklich nicht sehr gediegen ausgeführt. Um mehr Platz auf der Empore zu gewinnen, hatte er die Vorderseite des Untergehäuses abgeschnitten und um 15 cm nach hinten versetzt. Handwerklich sehr sauber und anspruchsvoll ausgeführt waren die vier Seitentüren des Obergehäuses als Rahmen mit überschobenen Füllungen, die noch immer Teil des Gehäuses sind.

Weil auch wir bei der geplanten Größe der Orgel nicht ohne Erweiterung nach hinten auskommen konnten, wurde sie so ausgeführt, dass das Gehäuse wieder seine ursrüngliche Stabilität bekommen hat. Große Teile des Untergehäuses mussten neu gemacht werden. Bei der Restaurierung des Gehäuses war äußerst hilfreich, dass der originale Entwurf von Ehrlich, gezeichnet von akadem. Maler Max Merz aus Straubing, sich im Pfarrarchiv von Vilsbiburg erhalten hat. Leider ist er selbst restaurierungsbedürftig, ein typischer Fall für einen großherzigen Gönner. Kaum einem dürfte bekannt sein, dass sich über den Seitenfeldern des Gehäuses geschnitztes Laubwerk und über dem Mittelfeld eine Uhr befunden hat. Beide Dekorationen sind aber durch den Entwurf von 1870 und eindeutigen Spuren auf dem oberen Gehäusekranz belegt. Zudem finden sich im Fußboden Reste der Uhrmechanik. Die Uhr und die Laubschnitzerei wurden wiederhergestellt.

Das Orgelwerk selbst orientiert sich am im ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhunder üblichen Orgelstil, der in Bayern bis in die 1870er Jahre üblich war. Schleiflade aus massiver Eiche, mechanische Traktur für Spiel- und Regierwerk, zentrale Windversorgung geteilt für Manualwerke und Pedalwerk, freistehender Spieltisch mit Blick zum Hochaltar und Pfeifenwerk auf Ton geschnitten, sind dafür typisch.

Chronik

Wann genau die Wallfahrtskirche ihre erste Orgel bekommen hat, ist nicht bekannt. Schon 1701 wird eine neue Orgel gekauft, die teilweise dadurch bezahlt wird, dass der Orgelbauer die alte Orgel verrechnet. Das heißt, bereits vor 1701 existierte eine Orgel. Wenn man bedenkt, dass in dieser Zeit erst die kleineren und weniger wohlhabenden Pfarrkirchen eine Orgel bekommen, ist das Vorhandensein einer Orgel in einer verhältnismäßig jungen und kleinen Wallfahrtskirche zumindest bemerkenswert. Die Kirchenrechnung gibt verhältnismäßig genaue Auskunft über die Anschaffung von Orgeln.

1701
Christoph Prückl, Orgelmacher in Regensburg, hat gegen "daran Tauschung des kleinen, von der verwittibten Kürzingerin Preuin alhir hergeschenkhten Orgelwerckleins, ein anderes und vill gresseres mit 4 Registern als die Copel von guettem Holz, Prinzipall, Quint und Super Octav aber von gueten Zin gemacht", 20fl.

1708
Johann Franz Xaver Egedacher, Orgelmacher aus Neumarkt in der Oberpfalz, wartet und reinigt "das Orgelwerckhl", 15fl.

1715
Johannes Schmidt, Orgelmacher von Haag, erhält für Stimmen der Orgel und Einbau eines neuen Registers 15fl.

1724
Franz Mitterreuter, Orgelmacher in Landshut für Säubern der Orgel 15fl.

1725
Die "in villweeg ruinierte ganz claine alte Orgel hat man in Ansechung der negstens yberkhombent neue Orgl" an das St. Veit-Gotteshaus in Teisbach um 50fl. verkauft.

1726
Franz Mitterreuther lieferte eine neue Orgel mit 7 Registern und angehängtem Pedal um 245 fl. und 7 fl Leykauf.

1824/25
Die "sehr gebrechliche Orgel" wurde um den Schätzwert von 300 fl. nach Dirnaich verkauft. Die neu durch den Orgelmacher Franz Ludwig Ehrlich von Moosburg mit 8 Registern erbaute Orgel kostet 705 fl. Komplett in der Hl.-Geist-Spitalkirche erhalten. Die Orgel wurde anläßlich des Orgelneubaus 1870 in der Wallfahrtskirche Maria Hilf in die Spitalkirche versetzt. Der ausführende Orgelbauer ist nicht bekannt.

1835/36
Gottfried Seltenhorn, Maler von Vilsbiburg, erhält für das Fassen der Orgel 102 fl. Es war durchaus üblich, eine Orgel ungefasst stehenzulassen, entweder aus finanziellen Gründen oder weil weitere Fassmalarbeiten geplant waren und man alles gemeinsam ausführen lassen wollte.

1858/59
Ferdinand Hörmüller, Orgelmacher von Tittmoning, erhält für das Reparieren der Orgel 15 fl. Hörmüller hatte 1825 eine neue Orgel für die Stadtpfarrkirche Vilsbiburg gebaut.

1859/60
Hörmüller ist wieder mit dem Reparieren der Orgel beschäftigt (Register Prinzipal, Coppel, Flöte), 7 fl. 48 kr.

1860/61
Hörmüller repariert an der Orgel das "Piano Register Sollicional 8'", 9fl. 48kr.

1870
Anton Ehrlich, Orgelbauer von Straubing, baut eine neue Orgel mit Kosten von 1234 fl.

1880
Simon Westermeier, Orgelreparateur von Landshut, empfängt für die Renovierung der Orgel 20 Mark.

1909
Ignaz Weise aus Plattling baut ein neues Orgelwerk in das Gehäuse von 1870, außerdem verwendet er auch Ehrlichs Magazinbalg und Disposition.

1950
Eduard Hirschrodt aus Regensburg baut ein neues Orgelwerk in das Gehäuse von 1870. Er verwendet Windladen, Pfeifen, Magazinbalg und Disposition von Weise bzw. Ehrlich. Diese Orgel wurde im Zuge des Orgelneubaus im Dezember 2006 abgebaut.

Die neue Orgel

Klanglich präsentiert sich die neue Orgel folgendermaßen:

I. Manual Haupt- oder Großwerk (C-g'") II. Manual Positiv (C-g'")
Principal 8' teilweise Prospekt, Holz bzw. Zinn Copel 8' Holz, Zinn
Allemanda 8' Holz Dulciana 8' Zinn, trichterförmig
Violdigamba 8' Zinn Fugara 4' Zinn
Piffara 8'   Spitzfletten 4' Zinn konisch
Octav 4' teilweise Prospekt, Zinn Nazard 3' Zinn konisch
Fletten 4' Holz Waldfletten 2' Zinn konisch
Quint 3' Zinn Terz 1 3/5' Zinn konisch
Superoctav 2' Zinn Cymbal 3f. 1' Zinn
Mixtur 5f. 2' Zinn Cromorne 8' französische Bauweise
nach Dom Bedos
Trompete 8' französische Bauweise Tremulant    

Pedal
Subbass 16'
Octavbass 8'
Copelbass 8'
Posaunbass 16'

Mit dieser Klanggestalt erlaubt die Orgel die Wiedergabe mannigfaltigster Orgelliteratur, den liturgischen Aufgaben ist sie sowieso gewachsen.